Artikel in AIS-Studien Jahrgang 10, Heft-Nr. 1 (2017)

Verfestigung von männlicher Herrschaft im Finanzmarktkapitalismus? Eine Fallstudie zur Bedeutung der Vermarktlichung von Arbeit für Geschlechterungleichheiten im Bankensektor

Max Lill

Zusammenfassung

Der Beitrag diskutiert auf Grundlage einer Fallstudie in der Landesbank Berlin (LBB) innerbetriebliche Schließungsprozesse entlang der Geschlechterachse sozialer Ungleichheit. Er fragt zudem nach Ansatzpunkten für eine geschlechtergerechte Arbeitspolitik im Bankensektor unter Bedingungen deregulierter Finanzmärkte, subjektivierter Arbeit und einer latenten Krise sozialer Reproduktion. Der Unternehmensfall wird dazu in doppelter Weise kontextualisiert: Einerseits durch eine kurze Darstellung geschlechtersoziologisch relevanter Entwicklungstendenzen der Branche, andererseits durch die Einbeziehung lebensweltlicher Reproduktionsbedingungen der Beschäftigten. Es wird die These entwickelt, dass sich eine geschlechterpolitisch widersprüchliche Konstellation abzeichnet: Kapitalmarktorientierte Restrukturierungen und vermarktlichte Formen der Leistungssteuerung begünstigen innerbetrieblich eine Persistenz männlicher Vorherrschaft. Soziale Reproduktionsbedürfnisse werden unter diesen Bedingungen im Führungshandeln oftmals ausgeblendet. Zugleich artikuliert sich innerbetriebliche Kritik an diesen Entwicklungen. Insbesondere bei jüngeren Fach- und Führungskräften finden sich Indizien für geschlechterübergreifende Interessenkoalitionen, die aus geteilten subjektiven Ansprüchen erwachsen: Die eigene Arbeit soll als sinnvoll erfahrbar sein und sie soll Raum lassen für eine individuelle Gestaltung des Gesamtlebenszusammenhangs innerhalb von möglichst egalitären Geschlechterarrangements.

Title (english)

Consolidation of masculine domination in finance capitalism? A case study on the significance of the marketization of labor for gender inequality in the banking sector

Abstract (english)

On the basis of a case study in the Landesbank Berlin (LBB), the article discusses processes of social closure in companies and their relation to gender inequalities. It also asks for starting points for politics of gender equality in the banking sector under conditions of deregulated finance markets, subjectified labor and a latent crisis of social reproduction. The case study is contextualized in two ways: On the one hand, sectoral developments, relevant for gender relations, are presented briefly. On the other hand, conditions of reproduction of life on the side of the employees are integrated into the analysis. The thesis is that in terms of gender politics a contradictory constellation emerges: Restructuring processes, focusing on capital market businesses, and the marketization of performance control foster the persistence of masculine domination. Under these circumstances, reproductive needs are often ignored in leadership action. At the same time, criticism about these developments is articulated. Especially in the case of younger specialists and executives we find indications for coalitions of interest between women and men that arise from shared subjective claims: work should be experienced as being meaningful and it should leave space for shaping the overall context of life individually within gender arrangements, as egalitarian as possible.

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