Artikel in AIS-Studien Jahrgang 13, Heft-Nr. 1 (2020)

Freiwilligenarbeit für alle: Stütze des aktivie-renden Sozialstaates oder „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“? Utopische, dystopische und transformative Diskurse um Freiwilligenarbeit

Carolin Mauritz

Zusammenfassung

Diskurse um Freiwilligenarbeit können unterschieden werden in einen utopisch-affirmativen und einen dystopisch-kritischen. Um eine empirisch fundierte, subjektzentrierte Perspektive auf Freiwilligenarbeit zu entwickeln, bieten arbeitssoziologische Debatten, Begriffe und Theoreme (wie die um erweiterte Arbeit und Subjektivierung) sinnvolle Anknüpfungspunkte. In Gruppendiskussionsausschnitten mit Freiwilligen zeigt sich, dass die Freiwilligkeit der Freiwilligenarbeit hinterfragbar geworden ist, da Freiwillige in der Eigenkonzeption ihrer Freiwilligenarbeit sich vermehrt an Erwerbsarbeitsstrukturen orientieren und abarbeiten und die Aneignung ihrer Arbeit sich ambivalent – zwischen der Freude an der Arbeit, dem Anspruch, die Arbeit freiwillig zu leisten, sowie dem (impliziten) Wissen um die soziale Notwendigkeit, aus der sich eine Verpflichtung ergibt, – vollzieht. Dies verdichtet sich in der Figur des „Wollen-Müssens“. Zugleich stellen Freiwillige auch Sinnansprüche an ihre Arbeit und eröffnen damit transformatorische Perspektiven. In einer solchen müsste Freiwilligenarbeit sich an einem starken Begriff von Freiwilligkeit, versinnbildlicht im Marx‘schen Ausspruch „jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen“, orientieren.

Title (english)

Volunteering for everyone: cornerstone of a neoliberal welfare state or “each according to his abilities, to each according to his needs”? Utopian, dystopian and transformative approaches to volunteering

Abstract (english)

Volunteering discourses can get classified in an utopian-affirmative and a dystopian-critical version. A reconstruction of both discourses shows that a sociology of work-perspective with its links to the debate of subjectivization is fruitful to develop an empirically based, subject-oriented perspective on volunteering. In group discussions with volunteers I show that (1) the voluntariness of volunteering is questionable, (2) volunteers have a strong orientation on payed work, respectively see their volunteering through a payed work-lens and (3) this leads to a relationship between subject and volunteering which reminds on the figure of the entreployee by Pongratz and Voß. At the same time, volunteers open up emancipatory spaces due to their demands for autonomy and meaningful work. At the end, I argue for an emancipatory perspective on volunteering, which benchmark would be the Marxist phrase “each according to his abilities, to each according to his needs” and which could be helpful as an orientation in discussions about the future of work.

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