Artikel in AIS-Studien Jahrgang 3, Heft-Nr. 1 (2010)

Implementation unbefristet geförderter Beschäftigung (§ 16e SGB II) – methodische Zugänge zur Erforschung des Umsetzungshandelns in der Arbeits- und Sozialverwaltung

Frank Bauer, Philipp Fuchs, Manuel Franzmann, Matthias Jung

Zusammenfassung

Im Rahmen einer Implementationsstudie untersuchen wir die Umsetzung von § 16e SGB II, gemäß dem ein Arbeitgeber, der einen Langzeitarbeitslosen mit weiteren Vermittlungshemmnissen einstellt, einen Zuschuss zu den Lohnkosten von bis zu 75 % erhalten kann. Erscheint nach Ablauf einer zweijährigen Förderung eine Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt auch in den beiden folgenden Jahren als nicht möglich, soll das Arbeitsverhältnis entfristet und die öffentliche Förderung dauerhaft, d.h. potenziell bis zur Verrentung, aufrechterhalten werden. Das Interesse der Untersuchung richtet sich auf die Akteure der Umsetzung (also die ARGEn und Optionskommunen) und deren Lösung der mit ihr verbundenen Handlungsprobleme. Der Studie liegen zwei sich ergänzende Heuristiken zugrunde: Zum einen der „Akteurszentrierte Institutionalismus“ (vgl. Mayntz/Scharpf 1995), der die akteursbezogene soziologische Steuerungsforschung mit der regel- und institutionsorientierten Governance-Forschung verbindet, sowie zum anderen das aus der Ethnologie stammende Konzept der „Aneignung“, das den Fokus richtet auf Prozesse der Interpretation des Neuen, Anzueignenden und sein Einpassen in die schon vorhandenen Strukturen und Handlungsvollzüge; mit ihm lässt sich die Tatsache analytisch erfassen, dass das Gesetz in wesentlichen Dimensionen verändert und sogar zweckentfremdet wurde, ohne dass dies Ausdruck bewusster strategischer Manipulation wäre, sondern vielmehr den Akteuren im Zuge ihrer Umsetzungsanstrengungen unterläuft. Verzahnt sind die genannten Heuristiken mit der Auswertungsmethode der Objektiven Hermeneutik, die in besonderer Weise dazu geeignet ist, hinter den verschiedenen Umsetzungsstrategien stehende implizite Annahmen und Erklärungsmuster zu rekonstruieren, welche sich einer einfachen Abfragbarkeit entziehen. Inhaltlich konzentriert sich der Beitrag auf die Analyse von offenen, nichtstandardisierten Interviews mit für die Umsetzung Verantwortlichen bei den ARGEn und Optionskommunen (Geschäftsführern, Bereichsleitern).

Title (english)

Abstract (english)

This article is based on a study examining the implementation of § 16e SGB II. According to this law, an employer is entitled to a wage subsidy of up to 75 % for the employment of a formerly longterm unemployed person with additional obstacles to placement. If after a two-year period of employment the employee still proves to lack any chances of unsubsidized employment, tenure is to be granted and the wage subsidy to be paid for an unlimited period of time, potentially up to the time of retirement. Our study is focused on the actors of implementation (the employment agencies for the longterm unemployed) and their solution of the action problem at hand. In this study, two mutually supplemental heuristics are applied: On the one hand the “actor-centred institutionalism” (see Mayntz/Scharpf 1995) which combines actor focused sociological steerage research with governance research focusing on rules and institutions, and on the other hand the concept of “assimilation” derived from ethnology. The latter is concerned with processes of interpretation of things new and to be adopted and the ways of integrating them into given structures and routines of action. By using this heuristic it can be properly explained why by some actors the law was changed and even misappropriated in crucial dimensions. This shouldn’t be regarded as an expression of conscious strategic manipulation; it’s on the contrary much more a process which unconsciously occurs to the actors during the process of implementation. The mentioned heuristics are interlocked with the analytic strategy of objective hermeneutics, which is particularly well suited for the reconstruction of the implicit assumptions and explanatory patterns on which the implementation strategies are based and which usually defy accessibility through direct questioning. The article focuses on the analysis of open, non-standardized interviews with actors in charge of the implementation on behalf of the employment agencies of the longterm unemployed (executive directors and divisional directors).

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