Stellvertreterpolitik in der Legitimitätskrise? Bedingungen und Grenzen von Aktivierung und Mobilisierung
Wolfgang Menz, Knut Tullius
Zusammenfassung
In Deutschland sind die Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit in einer Weise strukturiert, institutionalisiert und als symbolische Ordnungsvorstellung charakterisiert, die als „sozialpartnerschaftlich“ bezeichnet wird. Für den Kompromisscharakter dieser Ordnung ist typisch, dass sich dessen Legitimität aus Sicht der Arbeitnehmer vor allem an der angemessenen Beteiligung an den Ergebnissen – dem Output: v.a. Entgelt, Beschäftigungssicherheit, Qualität der Arbeit – bemisst. Ansprüche auf Beteiligung an Entscheidungen und Entscheidungsverfahren, dies zeigen unsere empirischen Befunde, sind in Bezug auf den Nahbereich der Arbeit sehr stark ausgeprägt, Ungerechtigkeitserfahrungen verbreitet. Beteiligung und Mitwirkung an interessenpolitischen Entscheidungen spielen dagegen in vielen Fällen vor allem als Stellvertreterbeteiligung eine Rolle. Jedoch finden sich auch Beispiele für eine Dynamisierung von Anspruchsverletzungen, die zu einer (Selbst-)Aktivierung und Mobilisierung von Beschäftigten führen – wir beleuchten deren Bedingungen und Grenzen.
Title (english)
Legitimacy crisis of delegated participation? Terms and conditions of employee activation and mobilization
Abstract (english)
The idea and ,spirit‘ of ,social partnership‘ has fulfilled an important legitimizing function in the German system of industrial relations. It provided a symbolic and normative framework for a specific institutionalization of class compromise within German capitalism. The ,logic of legitimation‘ of this compromise is focused on the distribution of outcome (wages, employment security, working time etc.) according to the principle of equity (not equality). Input-legitimation (participation on decision-making) is based on a professionalized, centralized (and stable) interest representation – this delegation of participation is legitimate as long as a ‘fair’ share of the outcome is secured. This article asks whether delegated participation is still seen as a legitimate form of interest representation, and presents some empirical evidence on the conditions of direct employee participation and mobilization.