Artikel in AIS-Studien Jahrgang 13, Heft-Nr. 2 (2020)

„Leasing ist wie ein stummer Streik“ – Zeitarbeit in der Pflege

Isabelle Riedlinger, Gabriele Fischer, Nora Lämmel, Tanja Höß

Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund des bundesweiten Fachkräftemangels in der Pflege verwundert es, dass Zeitarbeit innerhalb der Pflegebranche als Beschäftigungsform eine wachsende Bedeutung erhält. Allerdings funktioniert Zeitarbeit in der Pflege im Vergleich zu anderen Branchen nach anderen Logiken: Während beispielsweise im verarbeitenden Gewerbe durch den Einsatz von Zeitarbeitskräften bei schwankender Konjunktur Flexibilität gewährleistet oder Personalkosten gesenkt werden können, besteht in der Pflege ein anhaltend hoher Personalbedarf und die Kosten für Zeitarbeiter*innen übersteigen häufig die des Stammpersonals. Das in anderen Branchen üblicherweise als prekär bewertete Arbeitsverhältnis bietet Pflegefachkräften hingegen die Möglichkeit, sich dem zunehmenden Druck des Arbeitsalltags geprägt von Fachkräftemangel als individuelle (Teil-)Exitstrategie zu entziehen und gleichzeitig passende Rahmenbedingungen für den Einsatz mit den Zeitarbeitsagenturen auszuhandeln. Durch die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung sind Pflegeeinrichtungen gesetzlich verpflichtet, Fachkraftquoten trotz Fachkräftemangel einzuhalten, was den Zeitarbeitskräften entsprechende Verhandlungsmacht verleiht. Anhand empirischer Daten wird beleuchtet, wie Zeitarbeit aus der Perspektive der Einrichtungsleitungen und des Stammpersonals eingeordnet und aus welchen Gründen sie von Beschäftigten gewählt wird. Zudem wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung diese Entwicklung für die Pflegebranche insgesamt haben kann.

Title (english)

"Leasing is like a silent strike" – temporary employment in the field of professional nursing

Abstract (english)

Regarding the nationwide need of professional nurses in Germany, it seems surprising that there is a growing demand for temporary employment. However, temporary employment in the field of professional nursing follows different rules than it does in other professional areas. In the manufacturing sector for example temporary employment is used to increase flexibility in times of economic fluctuations or to lower personnel costs, whereas there is a constant lack of skilled workers in the care sector, where temporary employment causes greater expenses than permanent staff. Usually seen as a precarious form of employment, it gives nurses the opportunity to elude from increasing pressure of everyday work as an individual (part) exit strategy and to create basic conditions that fit individual needs in terms of working. Due to the law, that sets the minimum level for skilled workers in care facilities and hospitals, these organisations are forced to employ nurses which increases their negotiation power. Based on empirical data, we examine how temporary employment is discussed from different point of views (nursing management, permanent staff and temporary workers) and what impact these development can have for the care sector.

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